Additive Krankenversicherung als
Alternative zur Bürgerversicherung
Vorbemerkung
Deutschland hat ein teilweise unterfinanziertes, aber
strukturell recht gut funktionierendes Gesundheitssystem. Die Alternative für
Deutschland wendet sich daher entschieden gegen eine staatsdirigistische
Einheitsversicherung, wie sie im „Gesundheitsfond“ angelegt ist und durch eine
„Bürgerversicherung“ vollendet werden soll. Das duale System von gesetzlichen Krankenkassen
(GKV) und privaten Krankenversicherungen (PKV) hat sich im Grunde bewährt; es
bedarf aber einiger Korrekturen in der Relation der Versicherungsformen zueinander,
um langfristig finanzierbar zu bleiben und den Charakter einer Zwei-Klassen-Medizin
abzulegen.
Ziele der von uns vorgeschlagenen
Gesundheitsreform sind daher:
· Weder eine Zwei-Klassen-Medizin, noch eine staatsdirigistische
Einheitsversicherung.
·
Erhalt des dualen
Systems von GKV und PKV.
·
Finanzierbarkeit und
Berücksichtigung historisch entstandener Strukturen.
·
Einfach, allgemeinverständlich,
politisch durchsetzbar, verfassungskonform.
Somit schlagen wir als neues Modell eine
additive Struktur durch vier Maßnahmen vor:
1. Alle Bürger werden Pflichtmitglieder in der GKV.
2. Der monatliche (Gesamt-)Beitrag wird bei dem derzeitigen
Leistungsniveau ca. 500,00 € betragen, aber nicht mehr als 12,5% und nicht
weniger als 1% des Einkommens.
3. Jeder kann unabhängig von seinem Einkommen additiv eine
PKV als Vollversicherung abschließen, deren Kosten sich nahezu auf die einer
Zusatzversicherung reduzieren, denn
4. Zur Vermeidung von Doppelversicherungen und doppelten
Kosten erhält bei den privat Versicherten deren PKV den Anteil der GKV auf dem
Verwaltungsweg erstattet.
Praktische
Auswirkungen
·
GKV-Mitglieder erfahren
ein leichtes Absinken ihres Beitrags, für die Mehrzahl der PKV-Mitglieder
ergibt sich höchstens ein selektives Ansteigen. Dabei eine Vorteilsverschiebung
vom Single zur Familie und ein Ansteigen der Gestaltungsfreiräume.
·
Für die Versicherer
ändert sich wenig: Größere Rationalisierungsmöglichkeiten der GKV, aber
möglicherweise Strukturänderungszwang für PKV.
· Die „Leistungserbringer“ behalten
ihre Klienten aus GKV und PKV.
· Das Modell ist verfassungskonform,
ohne gravierende Umstrukturierungen und ohne erheblichen bürokratischen Aufwand
zu realisieren.
Begründung mit graphischer
Darstellungen der zentralen Thesen
(nicht Teil des Antrags)
I Vorbemerkungen
Gesundheitspolitisches Ziel ist eine Alternative zu den
Modellen einer Bürgerversicherung im Sinne von SPD, GRÜNEN und LINKE. Zentrale
Leitideen: Weder eine Zwei-Klassen-Medizin noch eine staatsdirigistische
Einheitsversicherung, Beibehaltung des dualen Systems von GKV und PKV. Dazu
reicht es nicht aus, nur auf dem bisherigen System zu beharren.
„Stattdessen sollte
das duale System energisch in Richtung einer Stärkung der privaten Vorsorge
weiterentwickelt werden. Die gesetzliche Versicherung sollte dabei auch
langfristig zumindest als Absicherung der sozial Schwachen bestehen bleiben.
Natürlich sollen auch diese Menschen einen vollwertigen Versicherungsschutz
haben und das muss dann solidarisch finanziert werden: Aus den Beiträgen
anderer gesetzlich Versicherter und/oder aus Steuermitteln.“ (B. Lucke,
Interview zur Gesundheitspolitik der AfD, 04.09.2013)
Aktuelle gesundheitspolitische Äußerungen sowie die
vermutete Themenentwicklung in der nächsten Legislaturperiode erfordern es,
eine Alternative sowohl zum bestehenden System als auch zur Bürgerversicherung
vorlegen zu können. Letztes Ziel bleibt somit die Weiterentwicklung des bewährten
dualen Krankversicherungssystems von GKV und PKV und die in den o. a.
Zielvorgaben liegende scheinbare Paradoxie aufzulösen.
II Darstellung des Konzeptes anhand von 4
Grafiken.
1. Die
Steuerkurve wirkt wesensmäßig leistungsbestrafend,
wird aber generell
von der Bevölkerung akzeptiert.
Grund:
Unser Zusammenleben ist nicht nur Gesellschaft
mit dem
Zentralwert: gerecht, sondern auch Gemeinschaft
mit dem
Zentralwert: solidarisch. Doch: Einzig und Allein
das Steuersystem
dient dem Sozialausgleich!
2. Die
Beitragskurve zur GKV bietet der politischen Linken
das
zentrale Einfallstor zur Einheitsversicherung.
Grund: Sie
teilt tatsächlich die Versicherten in 2 Klassen,
ist daher
auch ein realer Motor einer 2-Klassen-Medizin.
Es geht nicht
darum, alle Menschen in eine Einheits-
Versicherung
zu zwängen, aber der radikale Bruch nach
Erreichen
der Beitragsbemessungsgrenze ergibt real ein
2-Klassen-System
(was es auch sein sollte: s. Bismarck).
3. Das
Muster aller Vorstellungen zur Bürgerversicherung
ist eine
von Sozialneid getrieben Gleichmacherei.
Grund: Von
den Vertretern der Bürgerversicherung wird
kein
individuell wählbarer Versicherungsschutz nach den
persönlichen
Präferenzen des Einzelnen mehr zugelassen.
Darüber
hinaus ist es fraglich, ob ein solches System nicht
einen
verfassungswidrigen Sozialausgleich vornimmt, für
den einzig
das Steuersystem zuständig ist.
4. Eine
Alternative zur Bürgerversicherung kommt aber
nicht umhin:
Alle werden Mitglieder in der GKV, ohne
Ausnahme. Die
vorgestellten Ziele lassen sich dennoch
durch Anwendung
zweier Kunstgriffe realisieren:
a) Durch
die Konstruktion der Beitragskurve. Nach festem
Satz
(12,5%) bis zur alten Beitragbemessungsgrenze
(4.000 €) ein steiles Absinken des
Prozentsatzes bis auf
1% des
Einkommens, danach weiterhin konstant 1%.
b) Durch eine additive PKV: Jeder kann in die PKV als
Vollversicherung. Bisherige Mitglieder der PKV müssen sich also einmalig bei
einer GKV anmelden und dies ihrer PKV melden. Sie sind damit doppelt
versichert, aber ohne doppelte Versicherungslast:
Die PKV lässt sich den GKV-Satz von dieser erstatten (im 19.
Jh. unlösbar, im 20. Jh. ein enormer Verwaltungsaufwand, im 21. Jh. mit einem
einzigen PC-Programm zu bewältigen).
Somit besteht die Belastung für Privatversicherte im (jetzt
verminderten) Beitrag zur GKV (welcher die gesamte Familie umfasst) und dem
frei wählbaren auf ca. 1/3 reduzierten Satz in der PKV.
III Auswirkungen
·
Sämtliche oben
genannten Ziele können durch dieses additive Modell realisiert werden, den
Argumenten für eine „Bürgerversicherung“ wird der Nährboden entzogen.
·
Für die bisherigen
GKV-Mitglieder ändert sich wenig: Je nach Höhe des Basissatzes erfahren sie ein
geringes Absinken des Beitrags, bekommen dazu aber die Gewissheit, dass auch
PKV-Mitglieder solidarisch sind, dass es deren freie Entscheidung ist,
zusätzlich in der PKV zu sein, ohne sich aus der Solidargemeinschaft davonzustehlen.
·
Für die meisten
bisherigen PKV-Mitglieder ändert sich wenig: nur geringes und selektives
Ansteigen des Beitrags, dabei aber eine deutliche Vorteilsverschiebung vom
Single zur Familie. Dazu ein Ansteigen der Gestaltungsfreiräume bei der Auswahl
der zu Versichernden.
·
Für die Versicherer
ändert sich wenig: Versicherungen und Versicherungsformen bleiben bestehen.
Rationalisierungsmöglichkeiten ergeben sich für die GKV, aber möglicherweise
entsteht ein Strukturänderungszwang für die PKV (evtl. eigene GKV gründen).
·
Für die
„Leistungserbringer“ ändert sich wenig: kein Fortfall der Einnahmen aus der
PKV, lediglich Wechsel der Versicherungsart bei einzelnen „Klienten“.
IV Politische Nachbemerkungen
1. Diese Konstruktion mag zunächst
etwas kompliziert anmuten und optisch gewöhnungsbedürftig sein, ist aber in der
Praxis leicht zu realisieren und für alle Beteiligten durchschaubar.
Durch die Beibehaltung der PKV als
Vollversicherung mit Erstattungsübertragung aus der GKV (statt etwa einer
Reduktion auf eine „Zusatzversicherung“) gelingt es, alle unter I
formulierten Ziele zu realisieren und den Zwei-Klassen-Charakter abzulegen.
2. Eine Pflichtversicherung für alle
bedeutet keinen Einstieg in eine staatsdirigistische Einheitsversicherung,
solange nicht über einen „Gesundheitsfond“ der Wettbewerb der Kassen
untereinander liquidiert wird. Ähnliches gibt es auch bei der
Kfz-Haftpflicht-Versicherung.
3. Jeder kann sich privat
versichern, es gibt keine Einkommensuntergrenze für den Eintritt in die PKV,
wohl aber eine Vorteilsverschiebung vom gut verdienenden Single, der gerade
über der Beitragsbemessungsgrenze lag, zur Familie, die nun zusätzlich selektiv
versichern kann.
4. Die Konstruktion berücksichtigt
die historisch gewachsene Struktur unseres Gesundheitssystems und ist verfassungskonform.
Es findet kein neuer Sozialausgleich jenseits des Steuersystems durch die Hintertür
statt.
5. Auf der (langfristig auch
veränderbaren) Basis der bisherigen Beitragsbemessungsgrenze von 4.000 € und
dem (geschätzten und änderbaren) Beitragssatz von 12,5% lässt sich das Konzept
auch graphisch allgemeinverständlich darstellen, indem der absolute Beitrag zur
GKV angezeigt wird, und es lässt sich politisch verwertbar folgendermaßen
formulieren:
Alle sind in der GKV
+ Jeder
kann in die PKV
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Additive Krankenversicherung als
= Alternative zur Bürgerversicherung
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Bei gleichbleibendem Versorgungsniveau beträgt der Beitrag zur GKV
(Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zusammen) 500,- €; aber nicht mehr als
12,5% und nicht weniger als 1% des Einkommens.