Scheitert der Oiro, dann scheitert Oiropa



Scheitert der Oiro, dann scheitert Oiropa!“

Seit Ihrer Regierungserklärung vom 26.10.2011 hat Kanzlerin A. Merkel des Öfteren diesen vielzitierten Satz gesagt. Nur meistens wird er falsch geschrieben.

Europa kann sie nicht gemeint haben. Geographisch ist Europa ein Kontinent, genauer: ein Erdteil. Erdteile scheitern nicht. Politisch ist Europa die Vielfalt verschiedener Staaten auf diesem Erdteil, einem wohl einem definierten Territorium. Deren Gemeinsamkeit sind Werte, die ihren Ursprung in Judentum, Christentum, Humanismus und Aufklärung haben. Europa hätte an den Kriegen scheitern können, die die europäischen Staaten über Jahrhunderte hinweg bis zum Ende des 2. Weltkriegs miteinander geführt haben. Europa kann scheitern, wenn das Wertefundament aufgeweicht oder gar aufgegeben wird. Europa hat viele Währungen erlebt. Es wird nicht scheitern, wenn eine davon scheitert.

Offenbar hat sie damit etwas ganz anderes gemeint als dieses, als unser Europa.

Werfen wir einen Blick auf diesen Oiro. Der Euro wurde 1999 als Buchgeld, 2002 auch als Bargeld eingeführt. Doch bald hieß es, er habe einen Geburtsfehler: eine Währungsunion verschiedener Staaten ohne eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik sei zum Scheitern verurteilt. So klagen zunächst einige warnende Stimmen, dann wurde der Ruf immer lauter, ich habe das früher auch mal gedacht.
Inzwischen zweifle ich daran, der „Fehler“ erscheint mir heute als zu banal.
Alle Schwiegereltern wissen, das die Ehe ihrer Kinder scheitern wird, wenn die zukünftigen Eheleute einen völlig verschiedenen Lebensstil haben, aber aus einem gemeinsam Topf wirtschaften, eine „gemeinsame Währung“ haben wollen. Ist beispielsweise sie besonders lebenslustig, agil, quirlig, gar nicht aufs Geld bedacht, ist er hingegen sparsam, knauserig, denkt an die Anschaffung einer Eigentumswohnung und dreht jede Münze zweimal um, so wird es ständigen Krach ums Geld geben. Kompromisse sind möglich, zerstören aber vermutlich den ganzen Lebensstil, die ganze Eigenheit und Liebenswürdigkeit beider. Da können nur getrennte Kassen, „eigene Währungen“ helfen.

Solch simples Wissen wird bei der Einführung des Euro nicht gefehlt haben. Zu professionell waren die Akteure und Promotoren, die „Väter“ des Euro. Die Jungs haben da nicht mal eben eine Kleinigkeit vergessen: die Krise, das potentielle Scheitern war geplant. Eine gemeinsame Währung mit dem Verlust der Möglichkeit, durch Auf- und Abwertung die Eigenart des Landes auf die internationale Devisenzirkulation einzustellen, sie soll drohen zu scheitern, um eine Einheitsfinanz- und Einheitswirtschaftspolitik zu erzwingen. Diesen Aspekt der Währung sollte man daher auch nicht „Euro“ nennen, sondern Oiro. Denn dann gilt in der Tat: „Scheitert der Oiro, dann scheitert Oiropa“. Es wär nicht schade drum.